Samstags um halb vier ist die Welt noch in Ordnung. Für den Fußballfan. Um diese Zeit läuft seine Mannschaft ein - z. B. unter 'Enter Sandman' von Metallica - der er frenetisch zujubelt. Einige Minuten zuvor hat er mit Inbrunst die Mannschaftsaufstellung mitgeschrien, die der Stadionsprecher ankündigte. Seit über eine Stunde ist er schon im Stadion und hat sich warmgeschrien, einige Biere getrunken und eine obligatorische Stadionbratwurst verspeist. Eine ordentliche Rostbratwurst vom Holzkohlegrill, denn in ordentlichen Städten mit ordentlichen Vereinen gibt es sie nur so zubereitet. Nicht wie in den meisten Bundesligastädten in Fett geschwenkt, Mikrowelle zubereitet, mit dem Fön erhitzt oder unter den Achselhöhlen erwärmt. Unsitten in Unstädten mit Unvereinen. Er hat eine Stehplatz-Dauerkarte, denn das Herz eines Vereins steht. Zur Feier des Tages hat er sich das Vereinstrikot übergezogen, vielleicht noch ein paar weitere Fanartikel wie Schals oder Caps, und feuert seine Mannschaft unaufhörlich und lautstark an, dass ihm zum Spielende heiser die Stimme versagt.

Samstags um halb vier ist die Welt noch in Ordnung. Für mich. Samstag um halb vier, pünktlich zum Anpfiff, verlasse ich mit den Jungs die Wunderbar, bei gutem Wetter den Siggi, und gehe Richtung Stadion. Von meiner Kneipe bis dahin dauert es ca. 10 Minuten, mit Einlass, einem Bier und der Bratwurst bin ich dann so kurz vor vier auf meinem Sitzplatz. Kaum Platz genommen pfeift der Schiri schon zur Halbzeitpause. Ich trage auch kein Trikot oder andere Merchandising-Artikel, davon habe ich für mich noch nie was gehalten und schließlich gehe ich nach dem Spiel auch nicht mehr nach Hause um mich umzuziehen und die Sportschau anzuschauen. Ich feuere meine Arminia auch an, aber nicht bei jedem Schuss, der anstatt ins Seitenaus in Richtung gegnerischen Tors geht. Ich bin ruhiger geworden, denn 30 Jahre Fansein mit all' den Höhen und Tiefen des Vereins machen einen gelassener und besonnener. Die Zeiten des auf den Zaun klettern sind ad acta legegt. Und wenn wir einmal ehrlich sind, viel vom Spiel verpasst man doch ohnehin nicht wirklich.

Nun mag mich angesichts dieses Beitrages vielleicht der ein oder andere Fan als Nichtfan betiteln, ich sehe mich aber als einer von denen uns, vielleicht sogar mehr, weil ich auch vieles kritisch hinterfrage und nicht mit abgeschaltetem Hirn alles mitschreie.




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